Sie stirbt. Jeden Tag ein bisschen mehr. Ich weiß es, ich sehe es, ich laufe am Tag echt ein paar Mal an ihr vorbei.
Aber wenn es dann heißt, Blumen gießen oder eine halbe Stunde an den Rechner, oder Blumen gießen oder eine halbe Stunde in die Badewanne, ja selbst wenn es heißt Blumen gießen oder eine halbe Stunde Wäsche aufhängen+Brei kochen+Flaschen spülen+Wasser abkochen+Spülmaschine ausräumen+Mittagessen vorbereiten, ja selbst dann ziehen die Blumen den Kürzeren.
Nicht, dass ich jemals einen grünen Daumen gehabt hätte. Aber bevor ich schwanger wurde, hatten die meisten meiner Pflanzen schon ein paar Blätter mehr. Ich bin nur froh, dass ich in dieser Hinsicht meinem Nestbautrieb nicht nachgegeben habe. Denn schon gegen Ende des 8. Monats häuften sich die leeren Blumentöpfe in der Abstellkammer. Und da begannen die Hormone zu flüstern, erst leise, dann immer lauter werdend: „Kauf neue Pflanzen, kauf! Sonst fragt sich die Kleine bei ihrer Ankunft im neuen Zuhause, was ihre Mutter denn für eine unordentliche Schlampe ist!“
Ja, das haben sie wirklich gesagt. Und das mit den Pflanzen war nur der Anfang. Ein paar Dingen habe ich tatsächlich nachgegeben, wie dem Putzen aller 13 Fenster in der 38. Woche. Wobei da zugegebenermaßen der Gedanke mitspielte, das ganze doch etwas zu beschleunigen… was leider nicht klappte, aber zumindest kam wieder Licht in die Wohnung.
Etwas, dass ich aber wie das Ersetzen der hoffnungslosen Pflanzenfälle nicht in die Tat umsetzte, war das Entfernen der Staubflusen an den Decken. Im Altbau sammelt sich unweigerlich nach einiger Zeit Staub an den Decken, und gepaart mit kleinen Spinnweben ergibt das unschöne Dreckfäden. Die ganze Zeit, in der ich wie ein Walross auf der Couch vor mich hinplatzte, mit dem Gesicht zur Decke (jeder, der es erlebt hat, weiß, dass man am Ende einfach auch nicht anders liegen/sitzen/stehen kann) – also jedenfalls immer dann musste ich mir die Dreckfäden ansehen und ich dachte wirklich jedes Mal „beim nächsten Aufstehen holst du den Staubwedel und gehst durch alle Zimmer die Spinnweben wegmachen!“. Hat nicht stattgefunden. War wohl abzusehen 🙂
Im Nachhinein betrachtet muss ich nun aber sagen, bloß gut, dass ich die nicht weggemacht habe! Denn: Gepaart mit einem Heizstrahler über dem Wickeltisch und einer kleiner Nachttischlampe ergeben sich aus diesen Dreckfäden gigantische Mobiles!!! Nelly rastet jedesmal fast aus auf dem Wickeltisch, wenn sich der Schattenwurf der Spinnweben durch die warme Luft des Heizstrahler hektisch hin und her bewegt. Und auch bei den Pflanzen bin ich froh, dass ich meine Hormone ignoriert habe. Hätte ich neue gekauft, sie würden es alle der Pflanze oben im Bild nachtun.
Also, deshalb, an alle Nestbauerinnen: Bloß nicht allem nachgeben. Denn (Achtung, Reim!): Machmal reicht ein bisschen Dreck, und das Baby schmeißt sich weg.
Vielleicht gieße ich nun morgen mal die Pflanzen, wenn Nelly ihr erstes Schläfchen macht. Obwohl… morgen wollte ich eigentlich Gulasch kochen in der halben Stunde…
Sehr süß 🙂 Hab mich auch weggeschmissen beim Lesen. Da weiß ich dann bescheid, wenn es mal soweit ist.